Wenn ihr irgendwann einmal die TĂĽrkei besucht, werdet ihr vielleicht bei einem Spaziergang eine niedrige, halb verfallene Mauer und zwei wunderschöne Bäume bemerken – eine Eiche und eine Linde. Es sind aber keine gewöhnliche Mauer und auch keine gewöhnlichen Bäume. Legt eure Handfläche auf die jahrhundertealte Rinde und lauscht. Vielleicht werdet ihr dann ihre uralte Geschichte hören.
Sie trug sich in einer Zeit zu, als dieser Teil der Erde noch nicht Türkei, sondern Phrygien hieß und zum Reich der Hethiter gehörte. Damals standen dort noch keine verfallenen Mauern und auch keine Eiche oder Linde. Es gab nur eine ärmliche Hütte, in der ein altes Ehepaar lebte. Sie hießen Philemon und Baucis. Ihr Dorf war eigentlich reich und die Menschen kannten keine Armut. Sie lebten in Wohlstand und Überfluss.
Nur Philemon und Baucis waren ihr ganzes Leben lang arm. Aus irgendeinem Grund machte der Reichtum einen Bogen um sie, doch sie beklagten sich nicht. FĂĽr sie reichte es. Sie hatten einander, sie liebten sich und mehr brauchten sie nicht.
Eines Tages kamen zwei Wanderer nach Phrygien. Es waren jedoch keine gewöhnlichen Wanderer, sondern der mächtigste aller griechischen Götter, Zeus, und sein Sohn Hermes. Sie hatten sich als gewöhnliche Sterbliche verkleidet, um durch die malerische Landschaft zu wandern und sich an ihrer Schönheit zu weiden.
Als sie so einige Tage gewandert und schon ziemlich müde waren, sahen sie in der Ferne ein Dorf. Gerade setzte die Dämmerung ein und beide sehnten sich nach einer leckeren Mahlzeit und einem weichen Bett.
„Lass uns gute Leute um Unterkunft und ein kleines Abendessen bitten“, sagte Zeus zu Hermes und so zogen sie ins Dorf.
Als sie dort ankamen, klopften sie an die erste Tür, doch niemand öffnete ihnen. Also gingen sie zur nächsten. Wieder klopften sie an, doch die…