Der gestiefelte Kater

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Die Dinge sind oftmals anders, als sie auf den ersten Blick scheinen.

Dem jüngsten von drei Brüdern bleibt nach dem Tode seines Vaters nur ein Kater, mit dem ihn seine Brüder in die Welt hinaus treiben. Aus diesem aber entpuppt sich das wertvollste Erbe. Dank seines Könnens und seiner Klugheit gewährt der Kater dem jungen Müller ein unerwartet gutes Schicksal.

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Der gestiefelte Kater
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In einem fernen Land gab es vor langer Zeit eine große Mühle. Dort lebten ein alter Müller und seine drei Söhne. Die Zeiten waren hart und sie mussten sehr bescheiden leben. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mussten die vier in der Mühle arbeiten, um genug Geld zum Leben zu verdienen. Der Müller machte Mehl aus dem Getreide und seine Söhne halfen ihm dabei. Jeden Tag luden sie dann die Mehlsäcke auf eine Pferdekutsche und verkauften sie an das Dorf und das nahe gelegene Schloss.

Eines Tages wurde der Müller sehr krank und weil er spüren konnte, dass sein Ende nahte, rief er seine Söhne zu sich.

„Liebe Söhne, meine Zeit neigt sich dem Ende zu und bald müsst ihr euch selbst um die Mühle kümmern. Ich kann euch nicht viel auf dieser Welt zurücklassen, aber ich vertraue darauf, dass ihr alles gerecht unter euch aufteilt“, sagte der Müller zu seinen drei Söhnen.

Leider erfüllte sich seine Vorahnung in nur wenigen Tagen und so begannen die Söhne zu teilen, was ihr Vater ihnen hinterlassen hatte. Der Älteste behielt die Mühle seines Vaters, der Mittlere nahm die Kutsche und das Pferd und so musste sich der Jüngste mit einer grauen Katze zufriedengeben, die immer bei der Mühle herumstreifte.

Die beiden älteren Brüder erbten genug, um durchs Leben zu kommen, während der Jüngste sich Sorgen um seine Zukunft machte. Wie konnte er jemals mit einer einfachen Katze auskommen? Außerdem wollten ihn seine Brüder nicht mehr in der Mühle haben, schickten ihn daher bald weg und meinten: „Lieber Bruder, es führt kein Weg daran vorbei. Wir brauchen dich hier nicht mehr. Du musst einen neuen Platz für dich finden und bitte nimm auch deine Katze mit. Und nur damit du nicht sagst, wir wären ungerecht, nimm auch diese beiden Münzen für den Weg“, sagte der Älteste hochmütig und warf zwei Goldmünzen auf den Tisch.

Der jüngste Bruder hatte keine andere Wahl, als die Mühle zu verlassen. Er dankte seinen Brüdern, nahm die Katze und machte sich auf den Weg in die weite Welt.

Als er so seines Weges ging, sagte die graue Katze plötzlich:

„Endlich etwas Neues, ich hatte die Mühle so satt. Ich kannte sie bis zum letzten Winkel... was für ein langweiliges Leben.“

„Du meine Güte, was für ein Zauber ist das? Du kannst sprechen?“, rief der Sohn des Müllers, da er seinen Ohren nicht trauen wollte.

„Sprechen? Ach, komm schon! Warte nur ab, was ich sonst noch kann. Mach dir keine Sorgen. Ich werde dir sehr hilfreich sein“, prahlte der Kater.

„Doch wenn wir in die weite Welt gehen, würde ich zu einem Paar Stiefel nicht nein sagen. Das wird mich wie einen echten Herren aussehen lassen. Und Herren sind auf der Welt immer besser dran“, fügte der freche Kater hinzu, während der junge Mann immer noch ganz verblüfft war.

„Nun, du bist mir aber ein dreistes Kerlchen! Ein sprechender Kater in Stiefeln – die Leute würden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Ich habe aber nur zwei Münzen in meinen Taschen, die meine Brüder mir gegeben haben. Und wenn du denkst, ich würde sie für Schuhe verschwenden, dann irrst du dich“, sagte der junge Mann streng.

Aber der Kater überredete ihn so lange, bis der gutherzige Bruder zustimmte... und so führte ihr erster Weg in einem Schusterladen, der zwar bereits Hunderte von Schuhen hergestellt hatte, aber noch nie für eine Katze.

„Nun, ich habe noch nie von einer solchen Anfrage gehört, aber der Kunde ist für mich König. Und deshalb werde ich tun, was du verlangst. Sogar Stiefel für dein Kätzchen“, sagte der weise, alte Schuster.

„Wen nennst du hier Kätzchen? Ich bin ein richtiger Kater!“, grummelte der beleidigte Kater.

Der Schuster maß seine Pfoten und machte sich an die Arbeit. Sie waren in kürzester Zeit fertig und passten perfekt. Der Kater war begeistert und lief sofort aus dem Laden. Als der Sohn des Müllers den Schuster bezahlte und den Laden verließ, war sein felliger Freund verschwunden. Der junge Mann verlor somit auch das kleine Bisschen, das er übrighatte – seine Münzen und seine Katze.

„Oh je, was für eine Schande. Nun, es geschieht mir recht, mich von diesem schlauen, sprechenden Kater täuschen zu lassen“, seufzte er und ging weiter, obwohl er nicht wusste, wohin.

Währenddessen lief der gestiefelte Kater über Hügel und Täler, bis er die Tore des königlichen Palastes erreichte. Er ging direkt auf einen bärtigen Wachmann zu, der fest schlief, sich auf seiner Lanze abstützte und schnarchte. Der Kater begrüßte ihn höflich und begann, sich mit ihm zu unterhalten. Zuerst konnte der Wachmann nicht glauben, dass vor ihm ein Kater stand, Stiefel trug und mit ihm sprach.

„Nun, sieh mal einer an, was die Katze anhat. Stiefel! Wie ist das überhaupt möglich?“, fragte sich der Wachmann.

„Ja, in der Tat, ich bin ein gestiefelter Kater. Mein Herr hat mir eine passende Ausstattung für diese lange Reise gegeben“, schnurrte der Kater.

„Dein Herr? Und wer ist das? Ist er ein König?“, fragte die Wache.

„Nun, ein König nicht, aber sicherlich ein Graf. Ein Graf mit einem guten Herzen. Und wie gnädig! Ich habe nichts als Lob für ihn“, prahlte er.

„Nun, dann wäre es keine gute Idee für ihn, unseren König zu treffen. Unser Königreich macht sehr schwere Zeiten durch. Er wollte nämlich gerne gebratene Wachteln essen, doch niemand konnte sie für ihn jagen. Er war unglücklich und wütend auf alle“, beklagte sich der Wachmann.

Als der Kater hörte, wie alle vergeblich nach Wachteln für den König gesucht hatten, begann er darüber nachzudenken, wie er eine Wachtel fangen könne, um den König glücklich zu machen. Der kluge Kater hatte bald eine Idee. Er bereitete eine Falle mit einer Handvoll Samen vor, lockte die Wachteln hinein und fing sie. Und schon bald marschierte der Kater mit einem Sack voller Vögel auf das Schloss zu.

Der Wachmann war sehr glücklich, als er den Fang sah, den die Katze mitbrachte. Er ging, um diesen ungewöhnlichen Gast dem König anzukündigen, und bald stand der Kater vor seiner königlichen Majestät.

„Ich verneige mich vor Ihnen, Eure Majestät. Es ist mir eine Ehre, vor Ihnen zu stehen. Ich möchte die Grüße meines Herrn, einem edlen Grafen und auch ein Geschenk von ihm senden“, erfand der Kater und reichte ihm den zusammengebundenen Sack mit den Wachteln.

Der König sah ihn eine Weile misstrauisch an, weil er noch nie zuvor einen Kater in Stiefeln gesehen hatte, die sein Königreich besuchte. Aber bald wurde er zu neugierig und sah in die Tasche, um herauszufinden, was darin war.

„Aber das sind ja Wachteln! So viele und so große!“, lächelte der König von Ohr zu Ohr.

An diesem Tag hatten die Köche in der Küche viel zu tun, um das Fest mit vielen, vielen verschiedenen Wachtelgerichten vorzubereiten, die ihr König sich so lange gewünscht hatte. Der König wollte sich für dieses Geschenk beim Herrn des Katers bedanken und so füllte er den Sack, mit der der Kater die Wachteln gefangen hatte, mit goldenen Münzen.

So reich machte sich der Kater wieder auf den Weg, um seinen Herrn, den Sohn des Müllers, zu finden. Diesmal aber nicht mit leeren Pfoten, sondern mit einem Sack voller Geld. Der Mann hatte währenddessen alle Hoffnung verloren, seinen Kater jemals wiederzusehen. Doch als der gestiefelte Kater zurückkam, war er sehr überrascht, vor allem über den Sack voller Münzen. Der Kater erzählte ihm, wie er durch seine Klugheit und sein Geschick all diese Reichtümer erhalten hatte.

Die Zeit verging und der jüngste Sohn hatte mit dem Geld, das ihm sein gestiefelter Freund gebracht hatte, sein eigenes Haus gebaut.

„Jetzt brauchst du nur noch eine Frau für dieses schöne Haus. Nun, aber nicht irgendeine Frau... du solltest eine Prinzessin heiraten“, neckte ihm der Kater, als das Haus fertig war.

„Aber wie könnte ein Mann wie ich überhaupt an eine Prinzessin denken? Das wäre doch niemals möglich“, fragte der Sohn des Müllers kopfschüttelnd.

Doch eines Tages war es sehr heiß, draußen summten Fliegen und so beschlossen sie, zum See zu gehen, um sich etwas abzukühlen. Doch der Kater hatte Angst, auch nur eine Pfote nasszumachen und so ging nur der Sohn des Müllers ins Wasser.

Während der junge Mann im See schwamm, sah die Katze die königliche Kutsche von weitem auf sie zukommen. Darin reiste der König zusammen mit seiner einzigen Tochter, der schönen Prinzessin. Der kluge Kater hatte sofort eine Idee, nahm die Kleidung seines Herrn vom Ufer und lief damit zum Gebüsch, um diese zu verstecken. Die Kutsche hielt an, der König stieg aus und erkannte die Katze sofort. Denn wie könnte er jemals etwas so Ungewöhnliches vergessen – ein Kater in Stiefeln, der ihm einen Sack voller Wachteln gebracht hatte.

„Guten Tag, Eure Majestät“, sagte der Kater höflich und verbeugte sich. „Mein Herr wollte sich im See erfrischen, aber leider hat jemand seine Kleidung gestohlen. Und so kann er nicht kommen, um Sie zu begrüßen“, sagte er.

„Ich bin froh dich zu sehen. Wir finden bestimmt ein paar Kleider in unserem Wagen. Wie könnten wir denn den edlen Grafen einfach im See lassen? Hier, bring diese Kleider zu ihm und sag ihm, er möge uns später besuchen kommen. Ich würde ihn gerne kennen lernen“, sagte der König und reichte ihm eine Garnitur seiner eigenen Kleidung.

Der gestiefelte Kater lief sogleich zum Ufer, um seinen Herrn zu sehen, gab ihm die Kleidung des Königs und bat ihn, sie anzuziehen und keine Fragen zu stellen. Dann führte er ihn zur Kutsche, um den König und die Prinzessin zu treffen.

„Eure Majestät, verehrte Prinzessin, es ist mir eine Ehre“, sagte der Müllersohn und verbeugte sich. „Ach, wie reizend, da ist er ja. Endlich treffen wir uns, edler Graf“, sagte der König.

Der Sohn des Müllers betrachtete überrascht zuerst den König und dann den Kater. Er hatte keine Ahnung, wovon der König sprach und warum er ihn Graf nannte. Zum Glück rettete ihn der Kater erneut. Er wechselte das Thema, begann über die Wachteln zu sprechen, die er vor einiger Zeit mitgebracht hatte, und alle plauderten erfreut miteinander. Dann lud der König den Grafen ein, mit ihm eine Fahrt in der Natur zu unternehmen. Der junge Mann zögerte zunächst, aber der Kater drängte ihn, mit dem König und der Prinzessin mitzukommen. Sehr schnell gewannen während des Spazierganges der Müllersohn und die Prinzessin einander lieb und sogar der König bemerkte, dass der junge Graf der Prinzessin sehr gefiel. Der gestiefelte Kater fragte sie, in welche Richtung sie gingen, und lief dann so schnell er konnte voraus.

Er blieb auf einem Feld stehen, das einem großen Zauberer aus einer nahegelegenen Burg gehörte. Darauf schnitt ein Bauer mit einer Sense das Gras. Der gestiefelte Kater überredete den Bauern, dem König zu sagen, dass das Feld dem jungen Grafen gehörte, und versprach dem Bauern im Gegenzug einen Beutel voller Münzen. Der Bauer hatte viele Kinder, die er zu Hause ernähren musste, und deshalb nie genug Geld hatte. So ließ er sich schnell überzeugen.

Die Katze machte einen ähnlichen Handel mit einem Holzfäller aus, der Bäume im Wald des Zauberers fällte. Wenn er dem König sagte, dass der Wald dem Grafen in seiner Kutsche gehörte, bekäme er einen Beutel voller Münzen.

Und alles geschah genauso, wie es der kluge Kater wollte. Der König war sehr beeindruckt vom Reichtum des jungen Adligen – ein großes Feld, ein wunderschöner Wald und doch war der junge Mann so höflich und bescheiden.

Der Kater, der mit sich zufrieden war, wollte sich als nächstes an das Schloss des Zauberers heranmachen. Als er zum Tor des Schlosses kam, sah er nur den gruseligen Zauberer, der aus dem Nichts auftauchte.

„Was willst du hier, du kleine Katze? Sind das etwa Stiefel an deinen Pfoten? Noch nie habe ich eine Katze gesehen, die Stiefel trägt“, staunte der Zauberer.

„So ist es, ich bin der gestiefelter Kater, großer Zauberer. Ich habe so viel über deine mächtige Zauberkraft gehört, dass ich mich entschlossen habe, etwas von dir zu lernen“, sagte der Kater verschlagen.

„Denkst du, es ist so einfach, Magie zu beherrschen? Du könntest niemals ein echter Zauberer werden“, erwiderte er.

„Nun, das ist schade. Aber könntest du mir wenigstens ein wenig von deinem Hokuspokus zeigen? Ich will ja nur sehen, ob es stimmt, dass du zaubern kannst. Könntest du dich vielleicht in einen Löwen verwandeln? Das wäre doch schon ein großes Kunststück“, überredete ihn der Kater.

„Ein Löwe? Aber natürlich! Jederzeit, sieh nur zu.“ Und sobald er das sagte, stieg Rauch von seinen Füßen auf und ein Löwe stand vor dem Kater und brüllte laut.

„Unglaublich, was für ein Zauber! Und wie wäre es mit etwas anderem, etwas Winzigem? Wie wäre es zum Beispiel mit einer Maus? Könntest du dich auch in eine Maus verwandeln?“, fragte der gestiefelte Kater schnell, weil er Angst vor dem gefährlichen Löwen hatte.

„Groß und Klein. Ich kann mich in jedes Tier verwandeln, so wie ich es will“, sagte der Zauberer stolz und im Handumdrehen wurde er zu einer kleinen Maus.

Das war genau das, worauf der gestiefelte Kater gewartet hatte. Er ergriff die Maus und das war ihr Ende. Das Schloss des Zauberers war nun völlig leer. Die Katze rannte auf die königliche Kutsche zu und lud den König und die Prinzessin ein, ein Glas Wein im Schloss seines jungen Grafens zu trinken. Der Sohn des Müllers war verwirrt, da er nicht wusste, von welchem Schloss sein Kater sprach, folgte aber schweigend. Nach dem Besuch auf der Burg war der König von dem jungen Grafen sehr begeistert. So reich und doch so bescheiden und gnädig. Das passte perfekt zu seiner königlichen Tochter. Nachdem sie in sein Schloss zurückgekehrt waren, verkündete er allen, dass die Prinzessin einen edlen Grafen heiraten und er seine Herrschaft an ihn abgeben würde.

Der gestiefelte Kater wurde zum obersten Berater des neuen Königs und bekam natürlich ein Paar brandneue funkelnde Stiefel obendrein.

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