Pavol Dobsinsky
Drei Rosen auf einem Stiel
Ein Märchen aus der Sammlung des slowakischen Autors Pavol Dobšinsky. In der Liebe zählt nicht nur Schönheit, noch wichtiger sind Menschlichkeit und Güte.
Geppetto, so hieĂź einst ein alter
Geppetto reute im Alter nur eine einzige Sache, und zwar, dass er keine Kinder hatte, die ihn glĂĽcklich machen
Als er eines Tages im Wald spazierte, fand er ein schönes Stück Holz und wusste gleich, dass daraus eine wunderbare Marionette entstehen könnte. Er sägte das Holz
„Ich nenne dich Pinocchio“, rief Geppetto begeistert und legte den Holzjungen auf den Schrank neben sein Bett.
Da es bereits später Abend war, wollte Geppetto zu Bett gehen. Überall herrschte Dunkelheit und so schaute der alte Mann aus dem Fenster in die Nacht.
„Figaro, sieh mal, wie herrlich der Himmel ist.“ sagte er, nahm den Kater auf den Arm und zusammen schauten sie in den nächtlichen
„Ach, wie schade, dass mir kein Kind vergönnt war. Ach, wäre doch Pinocchio lebendig und nicht nur aus Holz geschnitzt“, sprach er zu dem Stern, der immer am stärksten am Himmel leuchtete. Er glaubte daran, dass es sein GlĂĽcksstern war. Und tatsächlich – das war er.
Denn an diesem Abend, als alle bereits im Land der Träume waren, stieg der Glücksstern vom Himmel herab und im hellen Mondschein verwandelte er sich in eine
Sie winkte mit dem Zauberstab und hauchte Pinocchio Leben ein.
Sobald dies geschah, öffnete Pinocchio langsam die Augen und streckte vorsichtig eine Hand vor sich.
„Hallo, was ist das? Ich lebe ja“, sagte er verblĂĽfft, „ich bin ein richtiger Junge!“ Er stand auf und fing an, fröhlich durch das ganze Zimmer zu
„Pinocchio, pass auf!“, warnte ihn die Fee. „Zu einem richtigen Jungen wirst du erst, wenn du aufrichtig, ehrlich und mutig bist. Du musst lernen, das Gute vom Bösen zu unterscheiden und Geppetto zu helfen, wann immer er es brauchen wird.“
„Aber wie soll ich wissen, was richtig ist und was
„Jetzt hast du deine eigene Seele, triff daher vernĂĽnftige Entscheidungen“, erklärte die Fee und verschwand. Nur ein wenig Feenstaub blieb zurĂĽck.
Pinocchio bedankte sich leise bei der Fee und wartete ungeduldig, bis die Sonne aufging und ein neuer Tag begann.
Als Geppetto am Morgen
Geppetto sah sich verwirrt um, doch er sah niemanden im Zimmer, dem die Stimme gehören könnte.
„Hast du das auch gehört, Figaro?“, sprach er zu seinem Kater und dieser nickte
„Hier bin ich. Ich kann sprechen!“, fuhr Pinocchio fort.
„Das ist nicht möglich! Träume ich etwa noch?!“, wunderte sich Geppetto und kniff sich in den Arm.
„Ich bin es, dein lang ersehnter Sohn! Dein Wunsch ist in ErfĂĽllung gegangen,
Obwohl Geppetto seinem GlĂĽck noch nicht recht trauen wollte, freute er sich riesig. Sogleich nahm er den Jungen in die Arme und umarmte ihn herzlich. Das ganze Haus war auf einmal voller
Nach ein paar Tagen wollte Pinocchio in die Schule gehen.
„Väterchen, ich möchte ein richtiger Junge sein. Lesen, schreiben und rechnen will ich lernen, damit ich dir helfen kann, Geld zu verdienen“, sagte er zu Geppetto.
Der alte Holzschnitzer freute sich, dass er einen so klugen und geschickten Sohn hatte, doch er hatte kein Geld, um ihm eine Schulfibel zu kaufen. Er dachte nicht lange nach, verkaufte seine Lieblingsweste und für das erworbene Geld kaufte er seinem Sohn die nötigen
Als der Vater ihm das Buch reichte, fragte Pinocchio verblĂĽfft: „Aber wo hast du denn deine Weste?“
„Ich habe sie nicht mehr gebraucht“, meinte Geppetto und lächelte den Jungen an, „hier hast du deine Fibel.“
Pinocchio war sehr dankbar und fiel Geppetto vor Freude um den Hals.
Am nächsten Morgen begab sich Pinocchio fröhlich auf den Weg zur Schule. Da hörte er laute Musik, die von den Sträuchern herüber
„Bitte, wie kann ich da hinein kommen?“, fragte er einen groĂźen Mann, der vor dem Zelt stand.
„Du musst eine Eintrittskarte kaufen“, erwiderte der Mann mit rauer Stimme.
„Ich habe kein Geld, nur dieses Buch“, sagte Pinocchio und zeigte dem Mann seine Fibel. Dieser nahm das Buch an sich und gab ihm dafĂĽr eine bunte Eintrittskarte.
„Jetzt kannst du herein“, brummte er und trat zur Seite.
Pinocchio drängte sich durch die Menschenmenge ganz nach vorne und konnte nicht fassen, was er da sah. Auf der Bühne spielte ein Puppentheater. Zwei Holzfiguren tanzten dank dünner Fäden, die an ihren Händen und Beinen befestigt waren. Pinocchio hielt es nicht an seinem Platz und so gesellte er sich zu den Holzfiguren. Begeistert tanzten sie zusammen, als ob sie alte Freunde wären. Die Zuschauer fingen an zu jubeln und warfen
„Herr, bitte! Lasst mich frei! Ich muss in die Schule“, rief er dem Mann im teuren Gewand hinterher.
„Was sagst du da? Und weshalb bist du dann im Puppentheater, wenn du eigentlich in die Schule musst?“, fragte der Mann höhnend.
„Ich bin ein richtiger Junge und keine
„Ach, mein Junge! Hier hast du
„Vielen Dank, lieber Herr“, verabschiedete sich Pinocchio freudig und eilte in die
„Diesmal habe ich GlĂĽck gehabt und verstehe nun, was richtig ist“, ĂĽberlegte Pinocchio.
Doch es dauerte nicht lange und er begegnete einem Fuchs.
„Hallo mein Freund, wer bist du denn?” sprach der Fuchs ihn an und strich ihm um die Beine.
„Ich bin Pinocchio und mein Vater heiĂźt Geppetto!”
„Aha, und wohin gehst du?“,
„In die Schule,“ sagte Pinocchio lächelnd und ging weiter.
„Warte, Pinocchio, hör mir zu. Ich bin ein erfahrener Fuchs und weiĂź, wie der Hase läuft. Schule? Ist völlig unnĂĽtz, reine Zeitverschwendung, ich war auch nur zwei Tage da. Du brauchst nicht zur Schule zu gehen und kannst trotzdem alles haben, was du willst, und zwar ohne zu lernen“, flunkerte der Fuchs.
„Wie meinst du das?“ Pinocchio blieb stehen und schaute den Fuchs ungläubig an.
„Komm mit
Die Stunden vergingen wie im Flug. Es wurde Nachmittag, es wurde Abend, es dämmerte und Pinocchio spielte immer noch mit seinen neuen Freunden. Den besorgten Geppetto hatte er dabei völlig vergessen.
Es war schon fast dunkel, als er endlich für eine Weile innehielt. Er hatte das komische Gefühl, dass etwas auf seinem Kopf lag. Er fasste sich an die Ohren und spürte, dass sie groß und haarig geworden waren. Sofort suchte er einen Spiegel, um sich zu begutachten und bekam einen gewaltigen Schreck. Er sah, dass er auf einmal nicht nur ein Paar prächtige Eselsohren, sondern auch einen Eselschwanz
Er fing an zu rennen, doch die Wachen, von denen er vorher nichts gemerkt hatte, setzten ihm nach und versuchten, ihn zu fangen. Er rannte weg, so schnell er nur mit seinen Holzbeinen
In diesem Moment bemerkte er, dass er zwischen dem Meer und dem Festland stand. Er war gleichermaßen vom Hafen und von der Stadt entfernt. Als er jedoch hinter sich Schritte und Stimmen vernahm, zögerte er nicht lang und sprang ins
„Väterchen, bist du es? Was tust du denn hier?”, rief Pinocchio und fiel Geppetto um den Hals.
Dieser war auf der Suche nach seinem einzigen Sohn, der nicht aus der Schule zurĂĽckgekehrt war, in den Bauch des Wales gelangt. Als er bereits das Festland durchsucht hatte, wollte er es auch auf See versuchen. Und dort war er auf das Ungeheuer gestoĂźen.
„Und – happs!“ beende Geppetto seiner Erzählung, „hat er mich verschluckt! Ist ganz schön dunkel hier, muss ich sagen! Aber was machst DU hier, Pinocchio? Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Wo warst du nur?“, fragte Geppetto, während er den Jungen fest umarmte.
„Als ich am Morgen in die Schule ging, da hat mich jemand bei der Hand genommen und weggebracht. Ich konnte nichts dagegen tun“, log Pinocchio. Doch, ach! Kaum hatte er es ausgesprochen, verlängerte sich seine Nase
„Bist du dir ganz sicher, dass es tatsächlich so
„Ja, so war es“, log Pinocchio abermals. Die Nase aber wuchs wieder und sie war bereits so lang, dass er kaum noch ihr Ende sehen konnte.
Da war die Zeit gekommen, die Lügerei zu beenden. Und deshalb erzählte er Geppetto schließlich, was wirklich geschehen war. Er schämte sich sehr für sein Verhalten, doch er wusste, dass er die Wahrheit sagen musste. Und es gab wahrlich Grund genug zur Scham! Als Pinocchio alles wahrheitsgetreu wiedergegeben hatte, da wurde seine Nase wieder so klein wie
„Väterchen, wir könnten Feuer machen. Der Rauch wĂĽrde den Walfisch reizen, sodass er niesen mĂĽsste. Und dies wäre unser Weg in die Freiheit“, schlug er begeistert vor.
„Hoffen wir, dass es klappt, mein Sohn. Nun, an die Arbeit“, antwortete Geppetto.
Gesagt, getan. Die beiden machten Feuer, der Wal
Am Abend erschien in ihrem Häuslein die Fee und wollte wissen, wie es Pinocchio ergangen war.
„Nicht allzu gut. Ich habe mich verleiten lassen. Ich habe nicht das Richtige getan und auch noch
„Wahrlich, Pinocchio, du hast Sachen getan, die nicht richtig waren. Doch jetzt bist du hier und alles ist in Ordnung. Es hat eine Weile gedauert, bis du erkannt hast, was richtig ist, doch du warst tapfer und aufrichtig. Du bist selbst darauf gekommen, dass LĂĽgen nicht der Weg sind, den du gehen möchtest, nicht wahr?“, fragte die Fee.
„Nein, das möchte ich nicht. Bitte, verwandele mich nicht wieder in ein StĂĽck Holz“, flehte sie der enttäuschte Junge an.
„Hab keine Angst. Das ganze Leben lang lernen wir, Gutes von Bösem zu unterscheiden, es hört nie auf. Du hast erfahren, dass die Welt nicht fehlerlos ist, und so bist du zu einem wirklichen menschlichen Wesen geworden“, erklärte die Fee und richtete ihren Zauberstab auf
Pinocchio hatte aus seinen Fehlern gelernt. Er hatte gelernt, nicht jedem zu trauen, der ihm über den Weg läuft, und Geppetto war so glücklich, dass er nicht einmal wusste, wie er sich bei der Fee bedanken konnte. Sein größter Traum war in Erfüllung