Vor langer, langer Zeit lebte auf der weit entfernten, sonnenüberfluteten Insel Zypern ein Mann namens Pygmalion. Er war ein sehr talentierter Bildhauer, wenn nicht sogar der beste von allen. Doch gleichzeitig war er auch sehr eigenbrötlerisch und verschlossen. Er hatte keine Freunde und hielt nicht viel von der Welt da draußen.
Statt Einbildung steckten aber eher Unsicherheit und Angst dahinter. Leider äußern sich Unsicherheit und Einbildung oft auf ähnliche Weise. So war es auch bei Pygmalion.
Er versteckte sich in seiner Werkstatt vor der Welt und meiĂźelte und meiĂźelte tagelang. Und da er ein wirklich hervorragender Bildhauer war, entstand unter seinen Händen eine ganze Welt, die so schön war, dass sich jeder wie im Himmel darin fĂĽhlte. Er konnte einfach alles bis ins kleinste Details gestalten – exotische Vögel, wunderschöne Schmetterlinge, fremdartige Blumen und Meeresfische. Alles sah so real aus, dass es schien, als erhöbe sich der Schmetterling gleich in die Luft und als wöge sich die Blume sanft in der Abendbrise. Es war eine Welt voller göttlicher Schönheit und Makellosigkeit, und Pygmalion war sehr stolz darauf.
Eines Tages kam er auf die Idee, für seine Welt einen Menschen zu erschaffen. Die Leute da draußen schienen ihm so unvollkommen und fehlbar. Er sehnte sich nach Idealen, Einzigartigkeit und reiner Schönheit. Und so begann er, eine Frau aus dem Stein zu hauen.
Er meißelte viele Tage und Nächte, ohne zu schlafen, zu essen oder zu trinken. Er war unfassbar müde, aber er konnte einfach nicht aufhören. Ständig war er mit etwas unzufrieden. Einmal schien ihm die Nase der Statue asymmetrisch, dann fehlte es dem Saum ihres Kleides an Leichtigkeit. Einige Versionen zertrümmerte er aus Wut in kleinste Teilchen.
Doch eines Tages setzte er seinen Meißel ein letztes Mal an und die Statue war vollendet.…